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Grube Schauinsland

Obiger Plan zeigt ansatzweise die imposante Größe der Grube Schauinsland. Das in 800 Jahren auf der Suche nach Silber, Blei und Zink im Schauinsland geschaffene Grubengebäude ist mit ca. 100 km Länge, verteilt auf 22 Etagen, das größte im Schwarzwald und den Vogesen. Es erstreckt sich von der ehemaligen Erzaufbereitung in Kappel am Rand des Dreisamtals bis unter das Haldenhotel in Hofsgrund. Dies entspricht einer Nord-Süd-Erstreckung von 9 km bei einer Ost-West-Ausdehnung von 5 km.

 

Etwas Geschichte zur modernen Grube Schauinsland von 1885 bis 1954:

Der Bergbau am Schauinsland weist eine 800-jährige Tradition auf und bot früher vielen Bergleuten aus Kappel, Oberried, Hofsgrund und Umgebung die Lebensgrundlage. Ende Oktober 1954 mußte die zuletzt tätige Bergbaugesellschaft Stolberger Zink AG/Aachen aus wirtschaftlichen Gründen die Grube Schauinsland schließen. Dabei wurden alle unter- und übertägigen Einrichtungen demontiert.

Durchschnittlich arbeiteten im 20. Jahrhundert in der Grube Schauisland etwa 250 Bergleute. In diesem Jahrhundert bauten sie als Erz eisenreiche und deshalb schwarze, silberarme Zinkblende (Sphalerit, ZnS) und silberhellen Bleiglanz ab (Galenit, PbS) mit einem Silbergehalt von ca. 0,1%. Im 20. Jahrhundert wurden insgesamt ca. 1,2 Millionen Tonnen Erz mit einem durchschnittlichen Gehalt von 5,7% Zink, 1,0% Blei und 0,001% Silber gewonnen. Dieses entspricht in heutigen Preisen (Stand 2011) einer Wertschöpfung von etwa 200 Millionen Euro. Trotz des, mit Unterbrechungen über 800 Jahre andauernden Bergbaus, ist der Schauinsland heute noch die größte Blei-Zink-Silber-Lagerstätte des Schwarzwaldes und der Vogesen. Die Erzvorräte sind etwa zu Dreiviertel abgebaut worden.

 

Bedeutende Stollen und Schächte in der Grube Schauinsland

In der Grube Schauinsland erschließen Stollen die damals 12 zumindest partiell abbauwürdigen, im Bereich des Schauinslandgipfels gelegenen, hydrothermalen steilstehenden Erzgänge. Die bedeutendsten Stollen (Mundlochhöhen in m über NN) auf der nördlichen Kapplerseite sind

und auf der südlichen Hofsgrunderseite

  • der Hofsgrunder-Stollen (+998 m), mit Kappler-Stollen verbunden, und
  • der Gegentrum II-Stollen (+1.189 m), der Zugang zum Museums-Bergwerk.

 

Diese vereinfachte Draufsicht zeigt den Verlauf des Kappler-Stollens (auch „Hebammenstollen“ genannt).

 

Kappler-Stollen („Hebammenstollen“)

Der Kappler-Stollen ist heute der wohl bekannteste Stollen der Grube Schauinsland. Er wurde 1889 unter Frhr. von Roggenbach angeschlagen und war ab 1891 Hauptförderstollen der Grube Schauinsland. Über den Hofsgrunder Stollen war er mit der Südseite des Schauinslandes verbunden. Mit der Kapplersohle war die Grube Schauinsland eines der wenigen Bergwerke mit einem Stollen, der ähnlich einem Tunnel den Schauinsland vom oberen Kappler-Großtal auf der Nordseite nach Hofsgrund auf der Südseite durchquerte. Wegen der Lage der Erzgänge nimmt er jedoch nicht den direkten Weg, sondern hat einen S-förmige Verlauf.

 

Bergleute mit Grubenpferd „Lisa“ nach der Jahrhundertwende vor den Betriebsgebäuden am Kappler-Stollen, von denen heute keines mehr steht. Von den etwa 125 Jahre alten, seltenen Förderwagen mit aufklappbarer Stirnseite und Unterbau aus Holz haben wir im Museums-Bergwerk Schauinsland noch zwei Exemplare in Spurweite 450 mm auf der 5.FK..

 

Heutiges Mundloch des Kappler-Stollens auf 981 m über NN im oberen Großtal. Dieser Stollen ging früher mit einer Länge von knapp 2 km söhlig nach Hofsgrund und wird auch „Hebammenstollen“ genannt.

 

Berühmtheit erlangte der Kappler-Stollen als Verbindung von Kappel nach Hofsgrund, die nicht nur von Bergleuten genutzt wurde. Der kürzeste Weg zwischen den damals noch selbstständigen Orten Kappel und Hofsgrund führte durch den Hebammenstollen des Schauinslandes. So hatten die Kinder der Bergleute vom der Bergbausiedlung auf der Nordseite des Schauinslands einen auch im Winter gangbaren Weg zur Schule nach Hofsgrund auf der Südseite. Dieser Fußweg durch den Kappler-Stollen dauerte etwa eine halbe Stunde Zeit und war damit deutlich schneller als der Weg über den Berg. Die Kinder mussten auf ihrem „Schulweg“ durch das Bergwerk jedoch äußerst achtsam sein, denn der Abbaubetrieb in der Grube wurden nicht unterbrochen, wenn sie durch den Stollen gingen. Zudem hatte diese wettersichere Verbindung noch einen erheblichen Nachteil: In besonders schneereichen Wintern waren die Kinder der Bergleute oft die einzigen, die in der kleinen Schule beim Mundloch des Hofsgrunder-Stollens saßen, da die Kinder der umliegenden Bauernhöfen oft von den Schneemassen eingeschlossen waren.

 

Seltenes Bild des Mundlochs vom Hofsgrunder-Stollen von Beginn der 1930er Jahre (Archiv Paul Priesner). Dieses Mundloch lag östlich der heutigen Ortsverwaltung und ist im Gelände nicht mehr auffindbar.

 

Der heute noch gebräuchliche Name „Hebammenstollen“ für den Kappler-Stollen rührt daher, dass eine Hebamme aus Hofsgrund diesen Stollen als Möglichkeit entdeckte, ihr Einzugsgebiet zu vergrößern. Zudem war die Geburtshelferin auf diesem Weg deutlich schneller zur Stelle, wenn ihre Dienste im Bergmannsheim und auf der Kappler Seite benötigt wurden.

Nach Silber, Blei und Zink wird heute hochwertiges Trinkwasser aus dem Kappler-Stollen gewonnen.

 

Leopold-Stollen

Der Leopold-Stollen (rund 150 m unter der Kapplersohle gelegen) wurde ab 1903 aufgefahren und löste ab 1908 den Kappler-Stollen als Hauptförderstollen ab. Von hier führte die Materialseilbahn der Grube Schauinsland zur Erzwäscherei in Kappel.

 

Bild des Mundlochs vom Leopold-Stollen, Förderstollen der Grube Schauinsland von 1908-1954 (ca. 1950er Jahre).

 

Aktuelles Mundloch des Leopold-Stollen auf 836 m über NN.

 

Tiefer Stollen

Der rund 540 m unter Kapplersohle Tiefe Stollen blieb fördertechnisch ein Torso. Nur der Bereich Grubenzentrum unterhalb des Schauinslandgipfels (Mundloch Hercherhof angeschlagen 15.12.1938) konnte am 6. März 1947 mit dem Zwischenzugang beim Hercherhof und fast 5 km Länge fertiggestellt werden. Die von der Stolberger Zink kühn geplante ganze untertägige Verbindung wurde nie fertiggestellt, da ein kleines Reststück in der Verbindung Hercherhof – Erzwäscherei in Kappel/Neuhäuser fehlte. Es ist ein Trauerspiel, denn diese fehlende kurze Stück macht nur etwa 120 m der rund 2 km langen Verbindung aus. Das legt den Schluss nahe, bereits Jahre vor der endgültigen Grubenschließung hatte die Stolberger Zink nicht mehr an eine Zukunft der Grube Schauinsland geglaubt. Die frühzeitige Inventarisierung 1952 geht ebenfalls in diese Richtung.

 

Bergleute bei der Ausfahrt aus dem Tiefen Stollen. Die Grubenzugfahrt zum Schichtwechsel vom Mundloch Hercherhof bis zum Fußpunkt des Roggenbach-Schachts dauerte im 5 km langen Tiefen Stollen etwa 30 min.

 

Bild des Mundlochs vom Tiefen Stollen, angeschlagen am 15.Dezember 1938 und Durchschlag zur Grube am 6. März 1947. Leider blieb der kühn angedachte Tiefe Stollen ein Torso, weil die weitere untertägige Verbindung zur Erzwäscherei in Kappel/Neuhäuser nicht fertiggestellt wurde. Diese kostenmäßig deutliche und naheliegende Verbesserung unterblieb seit dem II. Weltkrieg, u.a. weil ein schwereres Gleis und größere Förderwagen für den Tiefen Stollen zu teuer waren.

 

Zwar konnte durch das „Teilstück“ des Tiefen Stollens die Entwässerung der Grube Schauinsland ab 1947 im natürlichen Gefälle zum Hercherhof vorgenommen werden, Ausnahmen waren nur die 8. und 9. Sohle. Auch bedeutete für viele der rund 250 Bergleute die tägliche Ein- und Ausfahrt mit dem Grubenzug durch den Tiefen Stollen zum Roggenbachschacht eine Erleichterung. Ein Abwerfen der störanfälligen 5,3 km langen Materialseilbahn und eine Neustrukturierung des Haufwerk-Abtransportes durch den Tiefen Stollen zur Erzwäscherei unterblieb wegen dessen nie erfolgter Fertigstellung.

 

Barbara-Stollen

Dieser Stollen wurde 1903 unter dem Namen „Oberrieder-Stollen“ im Oberrieder Tal (+560 m) begonnen – zeitgleich mit dem Leopold-Stollen, jedoch rund 270 m tiefer gelegen. Die Auffahrungen wurden jedoch 1914 bei einer erreichten Länge von fast 1.100 m endgültig eingestellt zugunsten einer Intensivierung der Arbeiten auf der Leopoldsohle; lediglich das bereits 1912 fertiggestellte Kraftwerk Oberried wenig unterhalb blieb in Betrieb.

 

Mundloch des Oberrieder Barbara-Stollens, heute Zentraler Bergungsort der Bundesrepublik Deutschland und größtes Langzeitarchiv in Europa.

 

Heute unter dem Namen Barbara-Stollen bekannt, ist dieser Grubenbau eine weitere Besonderheit der Grube Schauinsland. Die Bundesrepublik kaufte zu Beginn der 70er Jahre die dazugehörenden Grubenfelder und ließ 1973 zwei Kammern 400 m tief im Berg anlegen. Dort werden in Edelstahlbehältern auf Mikrofilmen inzwischen über 1 Milliarde Dokumente archiviert. Dieser Zentrale Bergungsort der Bundesrepublik Deutschland unterliegt seit 1978 den Regeln der Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten und ist das größte Langzeitarchiv in Europa.

 

 

 

 

Im Bergwerk sind die 22 Etagen durch senkrechte Schächte verbunden. Darunter vier größere Blindschächte, die nicht zur Tagesoberfläche geführt sind (Teufe in m)

  • Roggenbach-Schacht (535 m Teufe): Kapplersohle – 7.Sohle, tiefster Blindschacht Süddeutschlands
  • Schacht II (151 m Teufe:) Leopoldsohle – 3. Sohle
  • Schacht VI (147 m Teufe): Leopoldsohle – 3. Sohle
  • Blindschacht Tiefer Stollen (100 m Teufe): 7. Sohle – 9. Sohle
     

Der Roggenbach-Schacht

Der bereits 1929 unter der Bergbau AG Lothringen begonnene, auf 55 m geteufte Roggenbach-Schacht mit begonnener Auffahrung der 1.Sohle, konnte nach Sümpfung ab 1935 fortgesetzt werden. Er ermöglichte im Grubenzentrum ein kostengünstiges Vordringen zur Teufe. So erschien dem damaligen Betrieber (der Stolberger Zink) ein Übergang zum forcierten Tiefbau – auf Kosten eines riskanteren weiteren Breitenaufschlusses – verlockend. 1940 erreichte er die 7.Sohle, von wo aus der neue Tiefstollen jetzt im Gegenortvortrieb in Angriff genommen wurde. 1949 wurde nach aufwendigen Vermessungen der Roggenbach-Schacht als zentraler Förderschacht der Grube Schauinsland von der Leopold- zur Kapplersohle im Gegenortbetrieb hochgebrochen. Damit ist der Roggenbach-Schacht mit 535 m der tiefste Blindschacht Süddeutschlands.

 

Seltener senkrechter Blick in den Roggenbach-Schacht in den 1980er Jahren vom Beginn auf der Kapplersohle. Blicktiefe etwa 50 m; Gesamtteufe des tiefsten Blindschachtes in Süddeutschland 535 m.
Heute ist dieses Bild nicht mehr machbar, da 1993 der gesamte (die Spurlatten für die beiden Förderkörbe, Strom, Telefon, Druckluft und Fahrten mit den Zwischenbühnen) haltende Holzausbau abgegangen ist. Er hat sich direkt oberhalb der Leopoldsohle und dem altem Seilaufhauen an einem Stahlträger im Schacht verfangen.

 

 

Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene Arten von Fördermaschinen. Beide wurden im Schauinsland eingesetzt:

  • Trommel-Fördermaschine
  • Fördermaschine mit Treibscheibe

Die Fördermaschine mit Treibscheibe wurde 1877 vom Bergingenieur Carl Friedrich Koepe erfunden und patentiert und stellte, gerade bei tieferen Schächten mit gegebenen Förderverhältnissen, eine Vereinfachung dar und fand zum Schluß auf der Kapplersohle am Roggenbach-Schacht Verwendung. Bei den anderen Blindschächten im Schauinsland wurden Trommelfördermaschinen eingesetzt.

Die Koepe-Treibscheibe im Kappler-Stollen hatte einen Durchmesser von 3 m. Das Förderseil mit 34 mm Durchmesser wurden nicht aufgetrommelt, sondern von der Fördermaschine über die Treibscheibe bewegt, und an dessen Enden hing jeweils ein 2-etagiger Förderkorb. Die elektrische Antriebsleistung betrug 170 kW/380 V, Geschwindigkeit 6 m/sec (mittlere Seilfahrtsanlage), Nutzlast 1.500 kg.

 

Seltenes Bild der KEMAG-Fördermaschine auf der Kapplersohle am 535 m tiefen Roggenbach-Schacht: In der Mitte die senkrechte Teufenanzeige. Mit den beiden Pfeilen ließen sich die zwei Förderkörbe genau verfolgen und durch zusätzliche Markierung auf der Treibscheibe wurden die einzelnen Sohlen zentimetergenau angefahren.

Beim Teufen des Roggenbach-Schachtes befand sich auf der Leopoldsohle dagegen eine Trommelfördermaschine der Maschinenfabrik Beien aus Herne (NRW). Zwei Trommeln mit 2,5 m Durchmesser bei 1,2 m Breite nahmen das Förderseil (Durchmesser 31 mm) auf. Die Geschwindigkeit betrug 3 m/sec, Nutzlast 1.500 kg, Teufe bis 500 m bei einer elektrischen Antriebsleistung von 118 kW/380 V.

 

Trommel-Fördermaschine im Leopold-Stollen mit Maschinist.

 

Nach dem Einbau der Fördermaschine mit Koepe-Treibscheibe auf der Kapplersohle wurde die Trommel-Fördermaschine auf der Leopoldsohle nicht mehr benötigt und demontiert. Heute ist dort nur der leere Aufstellort mit Betonfundamenten und den bei der Demontage der Grube herausgeschlagenen Zugängen übriggeblieben.

 

Heutige Situation am früheren Standort der Trommel-Fördermaschine auf der Leopoldsohle am Roggenbach-Schacht.

 

FGS 02/2023